erste Geburt

Unser erstes Kind sollte im Geburtshaus geboren werden. Eine Freundin empfahl mir ihren Frauenarzt für die Vorsorgeuntersuchungen. Ich empfand von Anfang an die Atmosphäre als unsymphatisch. Nach dem Karteabgeben sollte ich mich in den Warteraum setzen bis ich aufgerufen werde, dann rief die Schwester zum Blutdruckmessen in das Zimmer. Urinbecher am vollen Wartezimmer vorbei wieder zur Rezeption tragen. Wieder hinsetzen und warten bis der "Herr Doktor" bitten lässt. Der Herr Doktor fasste meinen Bauch kein einziges Mal an, stellte aber durch sein galaktisches Ultraschallgerät fest, dass mein Fruchtwasser mal zu wenig und mal zu viel sei und das Kind zu tief im Becken sitzt. Tief moralisierende Blicke, ob wir uns wirklich sicher wären, keine Nackentransparenzmessung machen lassen zu wollen? Dann gab es in den Mutterpass ein Klebchen "NT abgelehnt".

Nagut Toxoplasmosetest, klingt ja sinnvoll, Feindiagnostik mit Walgesängen, auch durchaus ein Muss. Nein, ich wollte keine Risikoschwangere sein, nur weil ich dann bei jeder Vorsorge ein Ultraschall über die Krankenkasse abgerechnet werden kann. Nein, auch keine Pauschale von 150 € bezahlen um Schallen zu lassen. Überhaupt, in anderen Ländern bezahlen die Kassen überhaupt keinen Ultraschall, weil sich rein statistisch kein Nutzen für Kind oder Mutter daraus ergibt.

Nachdem ich mich etwas empört von den Vorsorgeuntersuchungen beim Frauenarzt verabschiedet hatte und mir eine gute Hebamme gesucht hatte verlief der Rest der Schwangerschaft etwas ruhiger. Trotzdem hegte ich das Gefühl, dass es doch schade ist, so kontrolliert zu werden und darauf zu warten, bis jemand mir sagt, wie es mir und dem Kind geht.

Dreizehn Tage vor dem Geburtstermin hatte ich grenzwertigen Blutdruck und etwas Protein im Urin. Die Hebamme schickte uns zur Abklärung ins Krankenhaus. Schweren Herzens fuhren wir in ein anthroposophisches Klinikum. Dort wurde mir trotz guter Versorgung des Kindes über die Nabelschnur eine sofortige Einleitung nahe gelegt. Ich lehnte ab, da mir die möglichen Konsequenzen nach der Lektüre von Ina May Gaskins Buch "Die selbstbestimmte Geburt" bewusst waren. Auch verweigerte ich eine blutdrucksenkende Tropfinfusion. Daraufhin wurden mir Tabletten angeboten, die ich dann bis zur Geburt einnahm. Nach drei Tagen intensiver Überwachung entließ ich mich auf eigene Verantwortung wieder nach Hause. Zwei Tage vor dem Geburtstermin setzte die Wehentätigkeit ein und ich fuhr mit meinem Mann ins Krankenhaus. Die dreistündige Geburt verlief weitestgehend ungestört allein im Geburtszimmer. Ich lief im Kreis umher bis die Fruchtblase platzte. Dann kniete ich mich reflexartig hin und gebar nach drei Presswehen unsere Tochter. Die Hebamme und die Ärztin kamen nach dem Platzen der Fruchtblase und baten mich nach der Geburt auf das Bett zu legen. Zu ihrer Sorge kam die Plazenta nicht innerhalb der nächsten paar Minuten. Ich sollte eine Oxitozinspritze bekommen. Zuerst versuchte ich Schüssler Salze, es wurde jedoch keine Zeit gelassen, dass sie wirken konnten. Obwohl ich nicht stark blutete entstand eine dem Prozess nicht dienliche Hektik. Auch nach der Oxytozingabe löste sich nichts, so wurde die Gebärmutter gedrückt und an der Nabelschnur gezogen. Bis die Plazenta dann kam und für vollständig erklärt wurde. Das sollte sich nach einer Woche als Falscheinschätzung herausstellen. Ich musste noch mal in die Klinik und mich einer Kürettage (Ausschabung unter Vollnarkose) unterziehen. Wobei festgestellt wurde, dass es sich nicht um Koagel (Blutreste) handelte, sondern um Plazentareste, die noch in der Gebärmutter hingen.

Dazu kam, dass sich unter der schnellen Geburt ein Hämatom gebildet hatte, dass im Anschluss unter PDA (Peridualanästhesie) operativ entfernt werden musste. Mein Mann saß neben der einstündigen OP neben mir und sah die besorgniserregenden Gesichter der Operierenden. Die Blutung konnte nicht gleich gestillt werden und ich verlor einen Liter Blut. Davon trug ich eine 7cm lange innerliche Narbe.

Der Chefarzt sagte zu den möglichen Ursachen der Komplikationen folgendes.

Die Plazenta hat sich wahrscheinlich aufgrund einer Plazentaablösungsstörung nicht gelöst. Bei weiteren Geburten kann das dann wahrscheinlich wieder der Fall sein.

Das Hämotom kann sich aufgrund des engen Geburtskanals gebildet haben. Dann könnte sich bei weiteren Geburten wieder ein Hämatom bilden. Oder durch die blutdrucksenkenden Medikamente haben sich die Arterien geweitet und die Zellen platzen schneller.

Nach diesen Erfahrungen wollten wir es bei dieser Familienkonstellation belassen und uns keinem erneuten Risiko aussetzen.